Vitamin-D-Versorgung

1919 entdeckte man, dass UV-Strahlung und Sonnenlicht Rachitis heilen. Wenig später wurde die Rachitis-Therapie mit Lebertran eingeführt, der reich an Vitamin D und A ist. Diese Therapie hatte oft schwere Nebenwirkungen zur Folge, weil man gar nicht wusste, welche Vitamin-Mengen man tatsächlich aufnahm. Auf dieser falschen, nebenwirkungsreichen Anwendung und dem damals einzig bekannten Vitamin-D-Nutzen fußte wohl die alte DGE-Empfehlung von 200 I.E. Vitamin D am Tag, mit der die DGE besonders vorsichtig sein wollte. Diese Empfehlung galt über viele Jahrzehnte und war komplett falsch.

2012 vervierfachte die DGE schließlich die Zufuhrempfehlung auf 800 I.E. Vitamin D täglich! Aber auch diese 800 I.E. sind nach den aktuellen Erkenntnissen noch deutlich zu niedrig. 800 I.E. reichen zwar aus, um einen Mangel zu verhindern – sie reichen aber fast nie für gute Blutspiegel, die Menschen normalerweise haben, wenn sie sich überwiegend im Freien aufhalten. Obgleich wir für ein solches Leben genetisch nicht ausgestattet sind, leben wir heute überwiegend drinnen. Fenster verhindern die körpereigene Vitamin-D-Bildung vollständig.

Das Prohormon Vitamin D heilt übrigens nicht nur Rachitis, es bewirkt noch viel mehr: Insgesamt fand man bisher 2776 Bindungsstellen des Vitamin-D-Rezeptors im Bereich von 229 Genen.[1]Ramagopalan SV, Heger A, Berlanga AJ, Maugeri NJ, Lincoln MR, Burrell A, Handunnetthi L, Handel AE, Disanto G, Orton SM, Watson CT, Morahan JM, Giovannoni G, Ponting CP, Ebers GC, Knight JC (2010): A … Continue reading Für eine Wirkung auf das Immunsystem sind höhere Dosierungen notwendig. Auf diese nicht mehr ganz neuen Erkenntnisse haben viele offizielle Stellen nie angemessen reagiert.

Eigensynthese

Den Großteil des Sonnenvitamins bildet unser Körper bei ausreichender Sonneneinstrahlung in der Haut selbst. Dies ist vor allem im Sommer der Fall, sofern wir mittags nach draußen gehen und unsere Haut nicht durch Kleidung oder Sonnenschutzcreme von der Vitamin-D-Synthese abgehalten wird. Bei unzureichendem Aufenthalt im Freien oder bei dunkler Hautfarbe reicht die Vitamin-D-Zufuhr über Lebensmittel häufig nicht aus. Hinzu kommt, dass im Alter die körpereigene Produktion des Sonnenvitamins nachlässt.

Vor allem ist aber eine unzureichende Sonnenbestrahlung (UVB-Strahlen), wie z. B. im Herbst und Winter, Ursache für einen Vitamin-D-Mangel und stellt in unseren Breitengraden ein Problem dar. Von Oktober bis März ist oberhalb des 35. Breitengrades keine ausreichende Versorgung mit UV-B-Strahlen (290-315 nm) bzw. bei einem UV-Index von < 3 keine Vitamin-D-Bildung möglich.[2]Gröber U, Spitz J, Holick MF, Wacker M, Kisters K (2013): Vitamin D: Update 2013: Von der Rachitis-Prophylaxe zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge. Deutsche Apotheker Zeitung; 153(15): 1518-1526. Zur Orientierung: Sizilien liegt auf dem 37. nördlichen Breitengrad, Deutschland zwischen dem 47. (südlichster Punkt) und dem 55. nördlichen Breitengrad (nördlichster Punkt).

Nahrungsquellen

Vitamin D kommt in Lebensmitteln in zwei verschiedenen Formen vor, als Vitamin D3 und Vitamin D2. Vitamin D3 (Cholecalciferol) ist in tierischen Lebensmitteln enthalten. Hier ist vor allem Fisch (0-25 µg/100 g) nennenswert, andere tierische Lebensmittel enthalten Vitamin D3 in deutlich geringeren Mengen, z. B. Eier (2 µg/100 g) oder Schweinefleisch (0-2 µg/100 g).[3]USDA (United States Department of Agriculture) (2015): Agricultural Research Service. National Nutrient Database for Standard Reference Release 28. URL: http://ndb.nal.usda.gov/ndb/search/list … Continue reading

Ergosterol, der Ausgangsstoff für die Synthese von Vitamin D2 (Ergocalciferol), ist vor allem in Pilzen (0-5 µg/100 g) und Hefen enthalten.[4]Villares A, Mateo-Vivaracho L, García-Lafuente A, Guillamón E (2014): Storage temperature and UV-irradiation influence on the ergosterol content in edible mushrooms. Food Chem; 147: 252-256.[5]Weete JD, Abril M, Blackwell M (2010): Phylogenetic distribution of fungal sterols. PLoS One; 5(5): e10899. Durch künstliche Bestrahlung mit UVB-Strahlen kann der Gehalt an Vitamin D2 in diesen Lebensmitteln erhöht werden.

Vor allem vegan lebende Menschen legen oft Wert auf dieses pflanzliche Pendant von Vitamin D3. Allerdings zeigt Vitamin D2 eine deutlich geringere physiologische Aktivität als Vitamin D3. In einer 12-wöchigen Studie an 335 Frauen erhöhte die tägliche Aufnahme von 15 µg Vitamin D3 den Vitamin-D-Serumspiegel um 75 % bzw. 74 %, je nach Form der Supplementierung (Vitamin D3 in Saft bzw. Keksen). Vitamin D2 schaffte lediglich eine Erhöhung um 33 % bzw. 34 %.[6]Tripkovic L, Wilson LR, Hart K, Johnsen S, de Lusignan S, Smith CP, Bucca G, Penson S, Chope G, Elliott R, Hyppönen E, Berry JL, Lanham-New SA (2017): Daily supplementation with 15 μg vitamin D2 … Continue reading Vitamin D3 war damit also im Vergleich zu Vitamin D2 mehr als doppelt so effektiv und sollte daher vor allem bei einem vorliegenden Mangel bevorzugt werden.

Die Ernährung trägt insgesamt allerdings nur gering zur Vitamin-D-Versorgung bei. So müsste man beispielsweise täglich 200 g Lachs, 17 Eier oder 10 kg Champignons essen, um die empfohlene Aufnahme von 20 µg Vitamin D zu erreichen.

Quellenverzeichnis

Quellenverzeichnis
1Ramagopalan SV, Heger A, Berlanga AJ, Maugeri NJ, Lincoln MR, Burrell A, Handunnetthi L, Handel AE, Disanto G, Orton SM, Watson CT, Morahan JM, Giovannoni G, Ponting CP, Ebers GC, Knight JC (2010): A ChIP-seq defined genome-wide map of vitamin D receptor binding: associations with disease and evolution. Genome Res; 20(10): 1352-1360.
2Gröber U, Spitz J, Holick MF, Wacker M, Kisters K (2013): Vitamin D: Update 2013: Von der Rachitis-Prophylaxe zur allgemeinen Gesundheitsvorsorge. Deutsche Apotheker Zeitung; 153(15): 1518-1526.
3USDA (United States Department of Agriculture) (2015): Agricultural Research Service. National Nutrient Database for Standard Reference Release 28. URL: http://ndb.nal.usda.gov/ndb/search/list (07.01.2016).
4Villares A, Mateo-Vivaracho L, García-Lafuente A, Guillamón E (2014): Storage temperature and UV-irradiation influence on the ergosterol content in edible mushrooms. Food Chem; 147: 252-256.
5Weete JD, Abril M, Blackwell M (2010): Phylogenetic distribution of fungal sterols. PLoS One; 5(5): e10899.
6Tripkovic L, Wilson LR, Hart K, Johnsen S, de Lusignan S, Smith CP, Bucca G, Penson S, Chope G, Elliott R, Hyppönen E, Berry JL, Lanham-New SA (2017): Daily supplementation with 15 μg vitamin D2 compared with vitamin D3 to increase wintertime 25-hydroxyvitamin D status in healthy South Asian and white European women: a 12-wk randomized, placebo-controlled food-fortification trial. Am J Clin Nutr; 106(2): 481-490.

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